Was ist ein psychisches Trauma?
Ein traumatisches Erlebnis ist ein „seelischer Schock“ und beschreibt ein Ereignis, das außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liegt und als äußerste Bedrohung wahrgenommen wird. Die traumatisierte Person durchlebt eine oder mehrere Extremsituationen, auf die sie gerade auch als Kind nicht angemessen vorbereitet ist und die jegliche Bewältigungskompetenzen überfordern.
„Ein Trauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt“. (Nach G. Fischer & P. Riedesser, Lehrbuch der Psychotraumatologie, 1998, 3. Aufl.
Ein traumatisches Ereignis nach ICD 10 Definition:
Ist ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde.
Das dreiphasige Modell der Traumatherapie
Bei der Behandlung von Traumafolge-Erkrankungen hat sich ein Ansatz mit drei sich wiederholenden Phasen Stabilisierung – Traumabearbeitung – Neuorientierung bewährt.
1. Stabilisierungsphase
- Keine Therapie gelingt, so lange Täterkontakt besteht. Deshalb ist der erste Schritt die Unterbrechung des Täterkontaktes und der Gewalt- und Missbrauchserfahrung
- Aufbau der inneren Sicherheit – Konstruktion eines sicheren inneren Ortes
- Aufbau einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung
- Kontrolle über Gefühle, Erinnerungen, Gedanken und Verhalten
- Arbeit an angemessener Bedürfnisbefriedigung, achtsamer Selbstwahrnehmung sowie angemessener Selbsteinschätzung der Selbstwirksamkeit
- Transparenz und Aufklärung der therapeutischen Methode
- Realistische Aufklärung hinsichtlich der Prognose der Störungsentwicklung und Ziele
- Wissensvermittlung über Trauma und psychische wie physische Traumafolgen
- Wiederholte Stabilisierung bei Wiederauftreten traumatischer Inhalte
2. Expositions- und Konfrontationsphase
- Wieder- Begegnung mit dem Trauma durch integrative Traumatherapie, Hypnotherapie, EMDR und Ego-State Techniken
- Emotionale Entkräftigung der traumatischen Erinnerungen und Flashbacks durch kognitive und emotionale Umstrukturierung
- Aufsuchen des konkreten Traumas im inneren bildhaften Erleben, gesteuerte Begegnung mit bewusst herbeigeführter Dissoziation und Abreaktion
- Aufbau von Fähigkeiten innerer Selbsttröstung
3. Integrationsphase: Trauer und Neubeginn
- Trauerarbeit, Zulassen- und Loslassen lernen
- Verarbeitung von Schuld- und Schamgefühlen
- Neuauslegung des innerpsychischen Erlebens, Steuerung des sozialen Verhaltens und Erlernen von neuen Bewältigungsstrategien
- Entwicklung von Strategien der Selbstberuhigung und Selbsttröstung
- Förderung der körperlichen Selbstwahrnehmung
- „Notfallkoffer“ mit all den Dingen, die erfahrungsgemäß geholfen haben, wie z.B.: Sicherer Ort – Tresor – Licht – Baum – Innere Helfer Übungen
- Ressourcen,. z.B.: Bezugspersonen, Wahrnehmung eigener Grenzen, Hobbies, Talente nutzen, Erinnerung wecken an gelungene Überlebensstrategien
- Zukunftsorientierung und Reflexion beruflicher Möglichkeiten
Diese dreiphasige Behandlung dient als Grundorientierung traumatherapeutischer Arbeit. Die Therapie verlangt jedoch oft ein flexibles Vorgehen, welches sich an den konkreten Bedürfnissen des Patienten orientiert und die jeweilige Symptomatik berücksichtigt. Stabilisierende Techniken auf dem Boden imaginativer Prozesse sind während des gesamten Verlaufes der Therapie von wichtiger Bedeutung.